Totholz - ein Lebensraum für seltene Käferarten

Nationalpark Thayatal im Frühlingskleid, Umlaufberg, Flussmäander, Headerbild für Aktuelle Nachrichten.

Die faszinierende Vielfalt totholzbewohnender Käfer in den vier Niederösterreichischen Großschutzgebieten

Im Naturhistorischen Museum Wien wurden am 7. Oktober aufschlussreiche Ergebnisse eines mehrjährigen Kooperationsprojektes der Nationalparks Donau-Auen und Thayatal, des Biosphärenparks Wienerwald und des Wildnisgebietes Dürrenstein-Lassingtal präsentiert.

In den Niederösterreichischen Großschutzgebieten können verschiedenste Lebensräume und damit einhergehend eine große Vielfalt an Pflanzen und Tieren beobachtet werden. Ein oftmals unterschätzter Lebensraum sind Totholzstrukturen, die zahlreiche Artengruppen beherbergen und in Schutzgebieten in Fülle verfügbar sind.

Ob Hornissenbock, der mit seinen schwarz-gelben Streifen giftige Insekten nachahmt, um nicht gefressen zu werden, oder Scharlachroter Plattkäfer, bei dem der Name bereits auf seine flache Form hindeutet, mit der dieser Käfer bestens an ein Leben unter der Rinde von Baumstämmen angepasst ist: Es zeigt sich, dass diese und viele weitere hochgradig gefährdete Arten in den Großschutzgebieten weiterhin ein Refugium und ihre mittlerweile so selten gewordenen Lebensräume finden. Diese besonders wertvollen Habitate hat man in einem Kooperationsprojekt, gefördert im EU-Programm Ländliche Entwicklung, im wahrsten Sinn des Wortes unter die Lupe genommen.

Zwischen Frühling 2022 und Sommer 2024 wurden im Nationalpark Donau-Auen, Nationalpark Thayatal, Biosphärenpark Wienerwald und Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal mittels verschiedener Methodiken auf Alt- und Totholz spezialisierte ("xylobionte") Käfer besammelt und durch Fachleute bestimmt.

Die Abschlusspräsentation für das Projekt fand am 7. Oktober im Naturhistorischen Museum Wien statt. Edith Klauser, Direktorin des Nationalparks Donau-Auen, Christian Übl, Direktor des Nationalparks Thayatal, Andreas Weiß, Direktor des Biosphärenparks Wienerwald und Christoph Leditznig, Geschäftsführer vom Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal konnten mehr als 60 Gäste begrüßen.

Nationalparkdirektorin Edith Klauser gab einleitend einen Überblick über das schutzgebietsübergreifende Projekt. Anschließend umriss Sandra Aurenhammer vom Planungsbüro Ökoteam die verwendeten Methoden und gewonnenen Erkenntnisse.
Um repräsentative Ergebnisse der Artengemeinschaften verschiedenster Lebensräume zu erzielen, wurden Handbesammlung, Kreuzfensterfallen und Lichtfallen eingesetzt.

Insgesamt wurden über 10.200 Individuen gesammelt, welche 891 verschiedenen Käferarten zugeordnet werden konnten, von denen wiederum mehr als 650 Arten nachweislich auf Holzsubstrat angewiesen sind. Darunter fanden sich auch sehr seltene totholzbewohnende Arten wie der Veränderliche Edelscharrkäfer, der insbesondere alte Eichen bewohnt, die aufgrund der wirtschaftlichen Nutzung kaum mehr außerhalb von Schutzgebieten zu finden sind. Weiters der Käfer Peltis grossa, für den bislang aufgrund seiner Seltenheit noch gar kein deutscher Name vergeben wurde.

In der Fülle der gefundenen Käferindividuen ist eine Gruppe besonders hervorzuheben - die sogenannten Urwaldreliktarten. Darunter werden Arten zusammengefasst, deren Vorkommen sich auf natürliche bis sehr naturnahe Wälder beschränkt, in denen keine oder nur sehr eingeschränkte Nutzung stattfindet. Hiervon konnten insgesamt 48 Arten nachgewiesen werden.

Die Projektergebnisse untermauern eindrucksvoll den hohen naturschutzfachlichen Wert der zahlreichen verschiedenen Lebensräume, welche die vier niederösterreichischen Großschutzgebiete bieten.

Neben diesen wertvollen Erkenntnissen konnten durch das Kooperationsprojekt auch mehrere Masterarbeiten initiiert werden, von welchen eine im Rahmen der Veranstaltung am 7. Oktober vorgestellt wurde: Samuel Messner präsentierte seine vergleichende Studie zum Vorkommen von Totholzkäfern im Wald und auf Schwemmholzhaufen im Nationalpark Donau-Auen. Damit hat das Projekt weitere wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich auch im universitären Umfeld angestoßen.

Den Abschluss der Veranstaltung bildeten eine moderierte Fachdiskussion sowie ein gemütlicher Ausklang im besonderen Ambiente des Naturhistorischen Museum Wien.


Hintergrundinformation
Xylobionte Käfer sind hochspezialisierte Arten, die sehr spezifische ökologische Nischen besetzen. Dementsprechend haben sie unterschiedlichste Habitatsansprüche, die nur in Gebieten mit einer hohen Lebensraumausstattung bedient werden können.

Das Gemeinschaftsprojekt "Erfassung, Verwaltung und Darstellung der Biodiversität in den niederösterreichischen Großschutzgebieten" mit seiner Laufzeit von 1. Jänner 2022 bis 31. Dezember 2024 wird im EU-Programm Ländliche Entwicklung gefördert. Die vier Niederösterreichischen Großschutzgebiete Nationalpark Donau-Auen, Nationalpark Thayatal, Biosphärenpark Wienerwald und Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal kooperieren in der Erfassung und dem Management von Biodiversitäts- und Geodaten. Für die in allen beteiligten Schutzgebieten besonders relevante Tiergruppe der xylobionten Käfer wurde ein gemeinsames Kartierungsprogramm durchgeführt, die Ergebnisse werden in einem Abschlussbericht präsentiert werden.

Das Projekt stellt eine Fortsetzung des fünfjährigen LE-Projektes "Kooperation der Großschutzgebiete Nationalpark Donau-Auen, Nationalpark Thayatal und Wildnisgebiet Dürrenstein hinsichtlich Datenbanken und GIS" dar, welches mit September 2021 beendet wurde und einen Meilenstein im Datenmanagement gesetzt hat. In dessen Rahmen wurden Ergebnisse aus Erhebungen in den Schutzgebieten erstmals in einer gemeinsamen Datenbank erfasst.



Für Presserückfragen:

Nationalpark Donau-Auen GmbH, Erika Dorn
Tel.: +43 2212 345026, e.dorn@donauauen.at

Biosphärenpark Wienerwald, Alexandra Stavik
Tel.: +43 2233 5418712, as@bpww.at

Nationalpark Thayatal GmbH, Bernadette Lehner
Tel: +43 2949 700535, bernadette.lehner@np-thayatal.at

Schutzgebietsverwaltung Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, Katharina Pfligl
Tel.: +43 7486 21122, office@wildnisgebiet.at



Fotos:
Gruppenfoto Abschlusspräsentation im NHM Wien, v.l. Christoph Leditznig, Geschäftsführer vom Wildnisgebiet Dürrenstein-Lassingtal, Christian Übl, Direktor des Nationalparks Thayatal, Edith Klauser, Direktorin des Nationalparks Donau-Auen und Andreas Weiß, Direktor des Biosphärenparks Wienerwald / Cornelia Gillmann. Methoden Hand- und Lichtfang / Sandra Aurenhammer. Veränderlicher Edelscharrkäfer / Andreas Eckelt. Hornissenbock /SkynetTX. Peltis grossa und Scharlachroter Plattkäfer / Theo Kust. Der Abdruck bzw. die digitale Verwendung ist bei Nennung der Credits und im Zusammenhang mit Berichten über das Projekt honorarfrei.

08.10.2024

Aktuelle Nachrichten